Abrechnung der Rohrwärme – Rechtsprechungsupdate und neue Regeln der Technik

Die Rechtsprechung hat sich auch im Jahr 2016 weiter mit den Anwendungsfällen der erhöhten Wärmeabgabe beschäftigt. So hat das Amtsgericht Wuppertal in einem Urteil vom 01.06.2016 (Aktenzeichen 91b C 162/14) zu einer Heizkostenabrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft geurteilt, dass eine Pflicht zur Anwendung der Abrechnung nach VDI Richtlinie 2077 besteht, wenn die darin enthaltenen Anwendungsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach Ansicht des Gerichts ist § 7 Abs. 1 S. 3 HeizKV in diesen Fällen zwingend anzuwenden, auch wenn es sich um eine „Kann-Bestimmung“ handelt.

Das Landgericht Dresden (Urteil vom 18.12.2015, Aktenzeichen 4 S 731/14) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Abrechnung nach VDI 2077 auch dann möglich ist, wenn die wärmeführenden Rohre im Estrich verlegt sind. Es hat festgestellt, dass § 7 Absatz 1 S. 3 HeizKV über die Bestimmung des Wärmeverbrauchs der Nutzer in Gebäuden mit freiliegenden und gedämmten Leitungen auch dann anzuwenden ist, wenn die extrem geringe Erfassungsrate des Wärmeverbrauchs auf ungedämmten, aber nicht freiliegenden Leitungsrohren beruht. Das Urteil ordnet sich in eine Vielzahl weiterer Urteile zu genau dieser Fragestellung ein. Das Landgericht Dresden hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Sache ist beim Bundesgerichtshof unter dem Az. VIII ZR 5/16 anhängig. Ein Verhandlungstermin ist in der Sache vom Bundesgerichtshof noch nicht angekündigt.

Währenddessen hat der Normenausschuss des VDI im November 2016 einen Gründruck der VDI Richtlinie 2077 Blatt 3.5 zum Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe vorgelegt.Der Richtlinienentwurf enthält einige Neuerungen. So wird nunmehr ein Korrekturfaktor für Besonderheiten des Bewertungssystems in die offizielle Berechnung eingeführt. Diese entspricht dem sogenannten Skalenfaktor. Zur Anwendungserleichterung enthält der Entwurf auch eine Tabelle von Basisempfindlichkeiten für verschiedene Heizkostenverteiler.

Besonders umfangreiche Änderungen finden sich hinsichtlich der Regelungen zur Erkennung einer Rohrwärmeproblematik. Hier waren bisher die Anwendungskriterien (geringer Verbrauchswärmeanteil, Standardabweichung der normierten flächenbezogenen Verbrauchswerte, Anteil der Niedrigverbraucher) geregelt. Die Rechtsprechung hat sich nach und nach dahingehend festgelegt, dass eine Anwendung der VDI 2077 Beiblatt Rohrwärme schon dann zu erfolgen hat, wenn ein zu geringer Verbrauchswärmeanteil festgestellt wurde. Nunmehr sind neben dem Verbrauchswärmeanteil und der Standardabweichung zur Beurteilung, ob tatsächlich eine Rohrwärmeproblematik vorliegt, noch die Überschreitung des Maximalwerts des theoretischen Mehrbelastungsgrades Mt zu ermitteln. Im Falle einer zu geringen Standardabweichung ist noch zu prüfen, ob der Median der normierten Verbrauchswerte unter 0,9 liegt bzw. der Maximalwert der normierten Verbrauchswerte über 3 liegt. Es kann unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung Tendenz infrage gestellt werden, ob diese neuen zu berechnenden Erkennungsmerkmale in der Rechtspraxis Bedeutung erlangen werden. Für die Erkennung, ob tatsächlich der geringere Verbrauchswärmeanteil auf die Rohwärmeabgabe zurückzuführen ist oder auf andere Rahmenbedingungen, sind die neu entwickelten Erkennungsmerkmale jedoch hilfreich. Der Entwurf enthält darüber hinaus Vorgaben dazu, welche Angaben in der Heizkostenabrechnung erfolgen müssen. Dies ist insoweit kritisch zu betrachten, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 6. Mai 2015 – VIII ZR 193/14) zu dieser Frage sehr geringe Anforderungen an die notwendigen Angaben in der Heizkostenabrechnung gestellt werden.

Einsprüche gegen die Norm konnten bis zum 30.04.2017 erhoben werden.